Shusheta – El
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MACOCO - der letzte Playboy
Die Álzaga Unzué zählten und zählen zu den reichsten und
mächtigsten Aristokratenfamilien Argentiniens, einer
Kaste, die aus der Masse der Armen durch regelrecht
unverschämten Reichtum herausstach und Anlass für das
französische Sprichwort Reich wie ein Argentinier
war. Macocos Familie stellte führende Politiker und Militärs, besaß zahlreichen Paläste in Argentinien, aber auch in Paris, und kontrollierte mit ihrem unendlichen Landbesitz, der mit weiteren Palästen gespickt war, ganze Regionen.
Auch wenn an seiner Erziehung und Ausbildung die besten
Internate Argentiniens und Europas scheiterten – aus den
meisten flog er binnen Kürze wieder heraus –, tauchte er
am Ende seiner Jugend, von Privatlehrern und dem
literarischen Salon der Mutter geprägt, elegant,
gutaussehend, polyglott, charmant und frauenverführend in
die Welt der Großen und Schönen ein. Unter seinen vielen
Liebschaften finden sich berühmte Namen wie Rita Hayworth,
Greta Garbo, Marlene Dietrich oder Ginger Rogers.
Er pendelte zwischen Buenos Aires, Paris, Biarritz und
New York und mischte sich einige Jahre unter die
weltbesten Rennfahrer. Ab 1925 finden wir ihn in New York
als Betreiber diverser Nachtclubs. Das in üppigem Art-Deco
gestaltete El Morocco, an dessen Wände Macoco Felle von
Zebras drapieren ließ, die auf einer von ihm selbst
organisierten Safari in Afrika erlegt worden waren, galt
in den Dreißiger Jahren als berühmtester, exklusivster
Club weltweit. Könige der Coolness wie Gary Cooper,
Humphrey Bogart oder Truman Capote tranken hier ihren
Whisky, Marylin Monroe ging ein und aus. Roberto Alifano
beschreibt in seiner Biografie Tirar manteco al techo
(2002), dass Macoco sich zwischen den Zebrafellen
sogar daran versuchte, unter den Augen von Salvador Dalí
Charlie Chaplin das Tangotanzen beizubringen. Auch seine
zweite Frau, Kay Williams, lernte Macoco hier kennen, ein
berühmtes Vogue-Modell, das nach eher kurze Ehe
anschließend an der Seite von Clark Gable die Titelseiten
der Gazetten eroberte. Bei all diesem Glamour wundert es nicht, dass Scott Fitzgerald sich von der schillernden Person des Martín Álzaga Unzué zu seinem Roman Der große Gatsby inspirieren ließ.
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Butter an die Decke werfen
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Warum der doppelte Titel Shusheta - El aristócrataCobián nahm Shusheta 1923 mit seinem Sextett erstmals
auf. 1934 verfasste Enrique Cadícamo, mit Cobián seit über
einem Jahrzehnt eng befreundet, auf dessen Bitten passende
freche Verse, die aber nie für eine Aufnahme verwendet
wurden. Erst D’Agostino wollte in seiner Version im Jahre 1945 auch die Engelsstimme seines Sängers Ángel Vargas strahlen lassen. Weil das konservativ-autoritäre Militärregime, das seit Mitte 1943 an der Macht war, sowohl das Lunfardo als auch die Verwendung jeglicher irgendwie moralisch bedenklichen Wörter verboten hatte, musste Cadícamo allerdings seinen Text massiv überarbeiten. Und logischerweise wich auch der Lunfardo-Ausdruck Shusheta dem unverfänglichen El aristócrata.
HöranleitungMan darf neugierig sein: Was macht D’Agostino aus dieser Komposition, die von fast schon aggressiven punktierten, zackigen Sechzehnteln und Zweiundreißigsteln lebt, die so gar nicht zur Eleganz seines Orchesters passen wollen. Zurückhaltung und Reduktion sind die Antworten. Den langen, einleitenden Instrumentalteil hindurch (bis 1:33) dominiert eine meist unisono, aber subtil magisch vorgetragene Melodia ritmica. Denn indem die Bandoneons und Geigen in fein arrangierten Mustern aus der Instrumentalgruppe ein- und aussteigen, filigran Akzente setzen, winzigkleine Soli unterjubeln, gemeinsam verzögern oder dynamische Wellen gestalten, erzählen sie mit knappsten Mitteln in luftiger Musikalität das Wesen dieser Komposition. D’Agostino selbst setzt, anfangs in den tiefen Registern, ab 0:45 mit sich zu einem wunderbaren Solo entwickelnden, perlenden Melodielinien der rechten Hand Kristallen gleichende Akzente, denen das Orchester durch kurzzeitige noch größere Zurücknahme Raum gibt. Wenn für die letzten 120 Sekunden Ángel Vargas Stimme im Zentrum steht, scheinen sich die skizzenhaft gespielten Phrasen der Instrumente wie Girlanden um diese warme Stimme zu schmiegen.
ERSTER TEXT (1934)
Pobre shusheta, tu triunfo de ayer hoy es la causa de tu padecer... Te has apagao como se apaga un candil y de shacao sólo te queda el perfil, hoy la vejez el armazón te ha aflojao y parecés un bandoneón desinflao. Pobre shusheta, tu triunfo de ayer hoy es la causa de tu padecer.
al influjo de tus guiyes, te mimaban las minusas, las más papusas de Armenonville. Con tu smoking reluciente y tu pinta de alto rango, eras rey bailando el tango tenías patente de gigoló.
su gran amor de gigolet, la Ñata Inés te hizo soñar... ¡y te empeñó la vuaturé! Y te acordás cuando a Renée le regalaste un reló y al otro día la fulería se paró.
ZWEITER TEXT (1934)
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